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Leserbrief zu „Keiner will den Ökostrom“, Neue OZ vom 7.2.2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich möchte Ökostrom. Aber ich bin auch mit dem Ökostrom-Angebot der Stadtwerke nicht zufrieden aus einem Grund: Dieses Ökostrom-Modell ist und bleibt immer ein Nischenprodukt. Und mit den 2 Cent mehr mein Gewissen beruhigen, das reicht mir nicht. Mal bei Licht besehen: Dass die Stadtwerke vorne ganz „öko“ unser kleines Geld kassieren, symbolhaft einen Generator in der Nackten Mühle installieren, aber hinten ihre Millionen in ein, zwei oder sogar drei Kohlekraftwerke investieren, das geht nicht, das haben wir durchschaut.
Es gibt Alternativen, machen wir Ernst: eigener Ökostrom muss mittelfristig zum Regelstrom werden.

Da wäre das schon erwähnte Genussschein-Modell für Erneuerbare Energien; Greenpeace macht es vor. Wenn die Rendite stimmt und das Produkt gut und breit beworben wird und die Stadtwerke voll dahinter stehen, werden viele Bürgerinnen und Bürger bereit sein, hier zu investieren. Aber natürlich nur, wenn die Stadtwerke nicht gleichzeitig ihr eigenes Geld in die Kohle stecken. Hier ist auch ein Nachteil des Genussschein-Modells: Wer investiert, hat noch keine Mitsprache. Das ändert sich erst, wenn man für diesen Zweck eine eigene Gesellschaft gründet (oder mehrere). Dann kann, wer zahlt, auch mitbestimmen. Erfahrung dazu gibt es genug in Osnabrück.

Aber jetzt nicht kleckern, sondern klotzen. Das können kleine Private nicht. Das können aber die Stadtwerke mit ihren (noch nicht anderswo investierten) Millionen, ihrem Werbeetat und mit breiter Unterstützung der Politik. Und egal ob Genussschein oder Beteiligungsgesellschaft: Das Schöne ist, dass jeder Tausender der Stadtwerke ein Vielfaches an privater Investition auslösen kann. Man stelle sich vor: Die Kohlekraftwerks-Millionen – und dann noch ein Mehrfaches an Bürger-Kapital dazu. Das ist der Weg in die regenerative Vollversorgung, wie sie alle Parteien wollen.

Eines geht aber eben nicht: Vorne herum sich halbherzig für Klimaschutz einsetzen, Kapital für Erneuerbare Energien einsammeln und Genussscheine ausgeben, und  gleichzeitig hinten möglichst lautlos das eigene Kapital  in Kohlekraftwerke investieren, womöglich noch ohne Kraft-Wärme-Kopplung –  wodurch dann auf Jahrzehnte die ganze Stromversorgung Osnabrücks dominiert und jede Klimaschutzanstrengung zu Farce werden würde.

Am 8.1.dieses Jahres haben sich die Vertreter von CDU, SPD, den Grünen und der FDP öffentlich einhellig zum Ziel „100 % Erneuerbare Energien“ bekannt. Also los:
Ein ernsthaft mit der ganzen Kraft der Stadtwerke groß angelegtes Programm zum Einstieg in die Erneuerbaren – an Stelle einer Kohle-Investition – würde in Osnabrück auf uneingeschränkte Sympathie stoßen, allerseits Unterstützung finden und ein Vielfaches von dem Kapital  mobilisieren, das die Stadtwerke selbst dafür aufbringen.

Klaus Kuhnke
Solarenergieverein Osnabrück e.V.
Postfach 1940, 49009 Osnabrück

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