Leserbrief zu „Kürzung der Solarförderung gestoppt“, NOZ v. 12.05.12
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Bundesrat hat die radikalen Kürzungen für die Solarenergie vorerst gestoppt. Für die Energiewende war es ein guter Tag: Wo das Minister-Duo Röttgen und Rösler zum Kahlschlag gegen die Solarenergie ausholte, sind ihm die Länderchefs in den Arm gefallen.
Vor allem wegen der Arbeitsplatzerhaltung in den eigenen Regionen, nicht etwa, weil ihnen die Energiewende so sehr am Herzen lag. Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) muss nun erstmal in den Vermittlungsausschuss, und es bleibt zu hoffen, dass ihr dort noch ein paar ihrer grässlichsten Zähne gezogen werden.
Vor allem die Absenkung der Solarstromvergütung, die so weit geht, dass sich Fotovoltaik in Norddeutschland kaum noch lohnt, kann vielleicht verhindert werden. Andere Neuerungen im EEG werden von Fachleuten durchaus positiv gesehen, manche sind umstritten: Dass die Solarstromvergütung ständig den Marktpreisen entsprechend weiter abgesenkt werden muss, ist allen klar; dies war ja gerade eine Stärke des EEG, hat in Deutschland zu diesem Riesenerfolg geführt und das Gesetz zum Vorbild in vielen anderen Ländern gemacht. Dass die Absenkung jetzt nicht mehr halbjährlich, sondern monatlich kommt, wird auch allgemein gut geheißen. Am Zwang zum Eigenverbrauch großer Anteile des erzeugten Solarstroms scheiden sich die Geister: Ein Privathaushalt kann 20 Prozent seines erzeugten Solarstroms leicht selbst verbrauchen, und dem Betreiber einer Multi-Megawatt-Großanlage ist wohl auch zuzumuten, sich um den Direktvertrieb eines Teils vom erzeugten Solarstrom Gedanken zu machen, aber für die FV-Anlagen mittlerer Größe wird es eng: Zu klein für den Direktvertrieb und zu groß für einen Eigenverbrauch im Haushalt oder im Betrieb. Hier wird aus diesem Grunde manche Anlage nicht mehr gebaut werden.
Anders als die Offshore-Windenergie (welche die Regierung will, aber auch nicht richtig voran bringt) ist Solarstrom dezentral, trägt zur Glättung des Stromverbrauchs über den Tag bei und wird i.d.R. dort produziert, wo sie auch gebraucht wird. Natürlich werden hierfür gerade im ländlichen Bereich noch ein paar Leitungen benötigt, doch das ist nichts im Vergleich zu den Stromautobahnen, die für die großen Offshore-Projekte notwendig werden und gerade den Flaschenhals darstellen.
Wie viel Solarenergie werden wir brauchen? Möglichst viel, wenn wir es mit der Energiewende ernst meinen. Wie viel verträgt das Land und das Netz? 30-35 Gigawatt (GW) meint die Bundesregierung, 70 GW und mehr sagen andere Fachleute und rechnen vor, wie das gehen kann. Natürlich brauchen wir dazu Speicher, intelligente Netze und noch viel mehr, aber das gibt es ja alles: Einiges kann man kaufen, anderes ist in der Entwicklung und steht kurz vor der Markteinführung. An der Technik liegt es nicht, eher an den widerstreitenden Interessen der Beteiligten: In der Regierung sind dies Umwelt- und Wirtschaftsminister und ihre Ministerien. Und die Chefs der großen Stromkonzerne gehen auch schon wieder ein und aus bei der Kanzlerin. Dies – und der Ausgang der Wahl in NRW, die den Umweltminister weiter geschwächt hat – sollte für uns ein Grund zur erhöhten Wachsamkeit sein, damit die Energiewende nicht ausgebremst wird, bevor sie richtig begonnen hat.
Klaus Kuhnke
Solarenergieverein Osnabrück e.V.