Leserbrief zu “Strompreise drastisch gestiegen”,
NOZ vom 12.09.2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Strompreisanstieg ist ja ein ständiges Ärgernis. In der öffentlichen Diskussion wird er immer gern sofort mit der EEG-Umlage in Verbindung gebracht. Da ist es gut, die von Ihnen gebrachten Angaben um ein paar Zahlen zu ergänzen. Seit 2000, dem Jahr der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), legte der Preis für die Kilowattstunde (kWh) von 13,9 Cent auf heute über 29 Cent zu. Die Umlage für das EEG stieg in der Zeit lediglich von 0,2 auf heute 6,24 Cent pro kWh. Das sind etwa 6 Cent in dieser Zeit, in der der Strompreis um über 15 Cent angestiegen ist. Wo die Differenz von 9 Cent/kWh geblieben ist, kann uns leider keiner sagen. Denn die Erneuerbaren Energien haben den Börsenstrompreis sogar nachweislich gesenkt, weil sie helfen, mittags den teuren Spitzenstrom zu vermeiden. Der Strompreis ohne die EEG-Umlage hätte also sinken können. Der Grund für den drastischen Strompreisanstieg der vergangenen Jahre ist also nicht die EEG-Umlage, sondern ganz einfach ein Geheimnis der Stromkonzerne.
Die linke Energiepolitikerin Caren Lay hat Recht, wenn sie sagt, die Energiepolitik werde für die Konzerne und nicht für die privaten Stromkunden betrieben. Nicht nur der drastische Strompreisanstieg macht dies deutlich, sondern auch die Ausnahmen, die das neue EEG für die Konzerne vorsieht: Fast die ganze produzierende Industrie ist von der EEG-Umlage befreit, und während der private Solaranlagen-Betreiber für seinen Eigenverbrauch noch zur EEG-Umlage beitragen muss, sind die konventionellen Kohle- und Atomkraftwerke hiervon befreit.
Das ist natürlich das völlig falsche Signal, denn für die Energiewende brauchen wir nicht Privilegien für die alten Kraftwerke, sondern im Gegenteil eine Umstrukturierung des Strommarktes: Weg von der zentralen Erzeugung und Verteilung zu den Verbrauchern – hin zu einer multidirektionalen Vernetzung von Stromteilnehmern, die immer mehr von reinen Verbrauchern auch zu Produzenten von Strom werden, also vom Konsumenten zum “Prosumer”. Für die heutigen Großkraftwerke ist in so einer Struktur natürlich in Zukunft immer weniger Platz; da muss man sie nicht noch mit Privilegien päppeln, sondern sich langsam von ihnen verabschieden. Der Ausstieg aus der Atomkraft ist ja bereits beschlossene Sache (hoffentlich bleibt es dabei), jetzt steht der Ausstieg aus der Kohlekraft auf dem Programm. Die flexiblen und hocheffizienten Gaskraftwerke brauchen wir noch für die Energiewende. Wo sie heute weniger wirtschaftlich geworden sind, kann man sie im ersten Ansatz ja aus den Privilegien der Kern- und Kohlekraft bedienen. Das wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Übrigens: Energiewende ist nicht nur Stromwende. Wo bleibt eigentlich die Wärmewende, die Verkehrs- und die Effizienzwende? Und warum wird darüber so wenig gesprochen und geschrieben?
Sonnige Grüße
Klaus Kuhnke
Solarenergieverein Osnabrück e. V.