Leserbrief von Klaus Kuhnke zu zwei Artikeln der NOZ v. 28.12.13 und 30.12.13
Sehr geehrte Damen und Herren,
dass sich die Umweltstiftung mit ihrem neuen Generalsekretär Dr. Bottermann ausdrücklich die Energiewende als Programm vornimmt, ist nur zu begrüßen.
Seiner positiven Einschätzung der zuständigen Personalien für die Energiewende in der neuen Bundesregierung kann aber nicht immer zugestimmt werden. Zu deutlich war der Kampf von Hannelore Kraft für „ihre“ Kohle in NRW, zu deutlich das Bekenntnis von Sigmar Gabriel zu Kohlekraftwerken als unverzichtbarer Brückentechnologie, als dass wir hier auf ein entschiedenes Eintreten für eine schnelle und effiziente Energiewende hoffen dürften.
Richtig die Forderung von Bottermann, bei Atom- und Kohle-Energie die wahren Kosten der Stromerzeugung wieder in den Vordergrund zu rücken. Diese bisher verschleierten, sogenannten externen Kosten, die im Strompreis nicht enthalten sind und bisher von der Allgemeinheit getragen wurden, müssen erstmal für alle öffentlich sichtbar gemacht und dann dorthin gerückt werden, wo sie hingehören: Sie müssen dem Strompreis zugeschlagen werden. Und dann zeigt sich: Weder sind die Erneuerbaren Energien teurer als die konventionellen, noch wird die Energiewende besonders teuer. Professor Olav Hohmeyer, Autor einschlägiger Studien zum Thema, schätzte die externen Kosten herkömmlicher Stromerzeugung auf 2,4 bis 20 Cent pro Kilowattstunde, Kosten, die die Allgemeinheit zu tragen hat. Dazu gehören die gewaltigen Fördersummen für die Atomforschung, entgangene Steuereinnahmen bei Rückstellungen für Kernkraftwerke, Strahlenkliniken in Russland, der Ukraine und in Japan – bis hin zu Umweltzerstörung durch Klimawandel auf Grund andauernder Verbrennung von Kohle und Gas, ein Posten, der besonders schwer in Geld abzuschätzen ist und für den im Wesentlichen unsere Kinder und Enkel werden aufkommen müssen.
Am teuersten wird es also, weiter konventionelle Energien zu nutzen wie bisher.
Und wenn dann auf der anderen Seite die Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Umlage) entrümpelt wird von allem, was nicht zur Bezahlung der Erneuerbaren dient (das ist etwa die Hälfte der Umlage), wenn die unsinnigen Befreiungen von der Umlage für Firmen fast jeder Art zurückgenommen werden, dann ist sogar im EEG, wie wir es heute haben, noch viel Luft für einen weiteren zügigen Ausbau der Erneuerbaren, ohne dass der Strom deswegen teurer werden müsste.
Aber der neue Energie- und Wirtschaftsminister Gabriel hält bei der Energiewende einen „Neustart“ für nötig. Alles auf Null zurück? Sicher wäre er gut beraten, am Grundprinzip des EEG festzuhalten: Einer garantierten Einspeisevergütung für Strom aus den verschiedenen erneuerbaren Energien, solange bis der nicht mehr teurer ist als der Herstellungspreis für konventionellen Strom (nicht der Verbraucherpreis; das haben wir ja heute schon). Folgt man Bottermann und preist die externen Kosten des Stroms aus Kohle und Atomkraft mit ein, dann sind die Erneuerbaren heute schon am Markt sehr günstig und können sich preislich gegen die konventionelle Konkurrenz mühelos behaupten.
Was die Interessengruppen angeht, die versuchen, auf die Energiewende Einfluss zu nehmen, da fällt es schwer, Bottermanns Optimismus zu teilen: Die Vertreter der großen Stromkonzerne, die bei der Energiewende um ihr Geschäftsmodell fürchten, gehen nach wie vor bei der Bundesregierung ein und aus. Unter dem Vorwand, sie seien die Einzigen, die von Kraftwerken und Stromnetzen etwas verstehen, flüstern sie der Bundesregierung Lösungen ein, die am bisherigen Modell der zentralen Stromversorgung festhalten und verhindern, dass mit dem dezentralen Charakter der Energiewende die Chance auf ein ganz neues Paradigma ergriffen wird: Die Energie in Bürgerhand.
Dass diese Chance nicht vertan wird, dass mit der Energiewende die Bürger ihre Energie wieder in die eigene Hand nehmen können wie z.B. die Energiegenossenschaft nwerk und andere, daran werden wir noch lange arbeiten müssen: Am besten mit der Umweltstiftung zusammen.
Klaus Kuhnke
Solarenergieverein Osnabrück (SEV) e.V.