wer Solarstrom auf seinem Dach produziert und einspeist, hat ein Gewerbe; die meisten Betreiber wissen dies. Dass dadurch aber auch die Solarstromanlage auf dem Dach genehmigungspflichtig werden kann oder sonst illegal wäre, das schreibt uns Rechtsanwalt Dr. Caspar Hermanns. Der Beschluss des OVG Münster gilt vorerst nur für Nordrhein-Westfalen; dort ist er nun geltendes Recht. Für Niedersachsen sieht die Lage – noch – anders aus, s. unten.
Sonnige Grüße
Klaus Kuhnke
Dr. Hermanns schrieb:
zurückkommend auf das heute geführte Gespräch fasse ich den vom 20.09.2010 datierenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster – Az. 7 B 985/10 –
wie folgt zusammen:
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass FV-Anlagen, die nicht ausschließlich der Versorgung des Gebäudes dienen, auf dem sie errichtet sind, sondern Strom in andere Netze einspeisen, der Genehmigung bedürfen. Dies begründet das Gericht damit, dass in der Einspeisung des Stroms in andere Netze eine gewerbliche Nutzung des Grundstücks zu sehen sei, die dem bauordnungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalt unterliege.
Das Oberverwaltungsgericht begründet seine Auffassung unter anderem damit, dass die Genehmigungsfreistellung des § 65 Nr. 44 BauO NW voraussetzt, dass die FV-Anlage dem Grundstück dient. Wird jedoch der Strom in andere Netze eingespeist, liegt kein „Dienen“ mehr vor.
Dies bedeutet faktisch, dass zumindest in Nordrhein-Westfalen ahezu alle FV-Anlagen der (nachträglichen) Genehmigung bedürfen. Im Falle der nachträglichen Genehmigung können erhöhte Gebühren anfallen.
Ob die Genehmigung erteilt wird, hängt wiederum insbesondere von der planungsrechtlichen Zulässigkeit nach den Vorschriften des Baugesetzbuches und der Baunutzungsverordnung ab. Meiner Auffassung nach wird man FV-Anlagen auch als gewerbliche Nutzungen aufgrund des geringen Störungsgrades sowohl in – soweit ein Bebauungsplan besteht – reinen und allgemeinen Wohngebieten, wie auch in allen übrigen Gebieten (Mischgebiete, Gewerbegebiete, Industriegebiete, ggf. auch Sondergebiete, etc.) genehmigen können, wenn der Bebauungsplan nicht eigene Festsetzungen zu FV-Anlagen o. ä, trifft. Gleiches gilt für den nach § 34 BauGB zu beurteilenden Innenbereich (Bebauungszusammenhänge ohne Bebauungsplan).
Kritisch ist allerdings der Außenbereich zu beurteilen. Der Außenbereich darf im Grundsatz nicht bebaut werden, ausgenommen sind hiervon nur sogenannte privilegierte Nutzungen. Zwar kommt auf den ersten Blick eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in Betracht, der Energieversorgungsanlagen im Außenbereich zulässt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt dies jedoch nur für standortgebundene Vorhaben, wozu FV-Anlagen nicht gehören, so dass eine Genehmigung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ausscheidet. Es kommt allerdings unter Umständen eine Genehmigung nach § 35 Abs. 2 BauGB in Betracht, gegebenenfalls könnte dann mittels einer Auflage eine Sicherheit für den Fall verlangt werden, dass die Beseitigung der Anlage nach Nutzungsaufgabe sichergestellt ist.
In Niedersachen hat der Gesetzgeber eine etwas andere Formulierung gewählt, so dass meiner Auffassung nach der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster bezogen auf die bauordnungsrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit im Ergebnis auf die Rechtslage in Niedersachen nicht ohne Weiteres übertragbar ist. Es dürfte nun wohl auch bald in Niedersachen zu entsprechenden Verwaltungsgerichtsverfahren kommen, die eine vorläufige Klärung herbeiführen werden.
Allerdings sehe ich es trotzdem so, dass derzeit auch in Niedersachen bauplanungsrechtlich FV-Anlagen im Außenbereich allein als sonstige Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden dürfen und dann wiederum schon bundesrechtlich einer Genehmigung bedürfen.
Die Rechtslage ist also eher kompliziert und deshalb jeder Einzelfall genau zu prüfen.
Dr. Caspar David Hermanns, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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