Leserbrief zu „Hendricks: Eine Sonnensteuer gibt es nicht“,
NOZ vom 21.06.2014
Sehr geehrte Damen und Herren,
dass der Begriff „Sonnensteuer“ Frau Hendricks nicht gefällt, kann ich verstehen. Schließlich ist sie Umweltministerin und muss die Politik der schwarz-roten Koalition mittragen, ohne Wenn und Aber. In diesem Falle die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Dabei ist die Bezeichnung Sonnensteuer gar nicht unpassend und beschreibt sehr gut den Sachverhalt: Eine Abgabe auf die Nutzung der Sonnenstrahlung, wenn man damit Strom macht.
Worum geht es: Die EEG-Umlage, mit der ein Teil der Stromverbraucher die Einführung der Erneuerbaren Energien mitfinanziert, soll ab 1. August 2014 zu 40 Prozent auch für selbst erzeugten Solarstrom gezahlt werden. Die Umlage beträgt z.Zt. reichlich 6 Cent pro Kilowattstunde (kWh), 40 Prozent davon sind 2,5 Cent, die für jede kWh Solarstrom fällig werden, der vom Dach kommt und vom Eigentümer selbst genutzt wird;
der das Netz entlastet, das Klima schont, weil CO2-frei, und den der Eigentümer schon vorfinanziert hat durch die Investition der Solaranlage. Begründung der Regierung (O-Ton Hendricks): „Wer heute eine Solaranlage baut, zahlt weder Netzentgelt noch eine Umlage in den Fördertopf für erneuerbare Energie. Die Kosten für Ökostrom werden damit auf immer weniger Schultern verteilt. Das ist nicht gerecht.“ – Eigentlich ein toller Trick der Regierung, so kommt Geld rein. Ich schlage vor, dieselbe Regelung nicht nur auf selbst erzeugten und selbst verbrauchten Solarstrom anzuwenden, sondern auch auf selbst erzeugte und selbst genutzte Tomaten – übrigens auch ein Produkt der Sonnenenergie – , auf selbst reparierte Hosen und Fahrräder und auf selbstgestrichene Decken und Wände. Die Begründung wäre in allen Fällen dieselbe. Frau Hendricks könnte sagen: „Wer heute eigene Tomaten anbaut, zahlt dem Händler weder Kilometergeld noch Steuern für die Tomaten-Subvention durch die EU. Die Kosten für den Tomatenverkauf werden damit auf immer weniger Schultern verteilt. Das ist nicht gerecht.“ Das Absurde an einer solchen Regelung – egal ob Tomatenbesteuerung im Kleingarten oder EEG-Novellierung – fällt sofort ins Auge.
Hinzu kommen weitere Ärgernisse bei der geplanten EEG-Reform, die die Umweltministerin gar nicht erwähnt hat: 1. Bei Weitem nicht alle Stromverbraucher müssen die EEG-Umlage zahlen. Ausgenommen sind über 2000 „stromintensive Betriebe, um deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten“. Viele davon sind weder stromintensiv, noch stehen sie im Wettbewerb mit dem Ausland. Müssten sie zahlen wie wir anderen alle auch, dann wäre die Umlage wesentlich geringer für jeden. 2. Im neuen EEG-Entwurf wird der Eigenverbrauch von Solarstrom mit Abgaben belegt, der Eigenverbrauch konventioneller Kraftwerke (Kohle usw.) jedoch nicht. Hier wird unmittelbar deutlich, wer der Regierung beim Abfassen des Entwurfs die Hand geführt hat. Die großen Stromkonzerne verlieren Marktanteile und Gewinn, wenn immer mehr Leute sich immer mehr Strom selbst produzieren. Immer mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, das ist Regierungsprogramm. Genau so: Raus aus der Atomenergie und mehr Klimaschutz. Letzteres bedeutet auch den Ausstieg aus dem Kohlestrom. Und was macht die Regierung? Bremst die Erneuerbaren aus durch die Sonnensteuer – und fördert die Kohlekraftwerke. Energiewende sieht anders aus.
Klaus Kuhnke
Solarenergieverein Osnabrück e.V.